Festrede 2011

Liebe Maienzüglerinnen und Maienzügler
Das Wallis ist heute eine Festhütte.
Auf der Place de la Planta in Sitten fliesst der Fendant in Strömen.
Auf dem Kaufplatz in Visp riecht es schon früh nach Raclette.
Im Hof des Stockalperschlosses knallen die Korken des Prosecco.
Das Matterhorn hat ein Schockoladekleid angezogen.
Der Pfynwald hat Gel in die Bäume gestrichen und sich gekämmt.
Es ist ein guter Tag fürs Wallis.
Erst vor kurzem hat man den Cup geholt – aber das ist ja schon fast Routine.
Vor ein paar Wochen hat man sich das FIFA – Präsidium gesichert.
Und jetzt auch noch das.
In Aarau, mitten in der Ausserschweiz,
hält ein Walliser die Rede am Jugendfest.
Nach dem Cup und dem FIFA – Präsidium hat man jetzt auch noch die Maienzugrede ins Wallis geholt.
Quelle fête! Was für ein Fest!
Aber irgendwann am Nachmittag kommt unausweichlich die Frage:
Wieso bleibt dieser Thomas eigentlich in der Ausserschweiz?
Er ist doch ein Vollblutwalliser: stur, charmant, kämpferisch, eingebildet, romantisch.
Wieso kommt er nicht zurück?
Hier ist meine Antwort.
Da ist eine Stadt an einem Fluss.
Eine Stadt im Mittelland.
Mitten in der Ausserschweiz.
Ja, man könnte sagen:
das Zentrum der Ausserschweiz.
Und es ist eine schöne Stadt.
Wenn nicht die schönste.
Und es ist Aarau.
Da bin ich daheim.
Da leben die Menschen, die ich gerne habe –
und die mich gern haben.
Da bin ich integriert worden, sogar als Walliser.
Danke Aarau.
Da ist Aarau an der Aare.
Und es hat alles, was du brauchst zum Leben.
Hat Läden und Schulen,
Hormone und Vitamine,
Gurken und Bücher,
Hagebutten und Rosen,
ein schwarzes Haus und ein goldenes Haus,
Natel und Dezibelle.
Und Sachen zum Lachen und den Rohrer Schachen.
Und es hat eine Feuerwehr.
Die beste zwischen Schönenwerd und Rupperswil.
Die Schönste.
Männer und Frauen,
die Tag und Nacht bereit sind:
zu helfen, zu löschen,
einzustehen für eine sichere Stadt.
Danke Kameradinnen und Kameraden,
danke für eure Bereitschaft.
Da ist Aarau, eine schöne Stadt im Mittelland.
Und da bin ich daheim.
Es ist nicht immer leicht und einfach,
nicht immer lustig.
Hie und da ist es auch hart und schwierig,
ernst und traurig.
Wir teilen alles:
Lachen und Weinen, Trauer und Freude –
und gehen weiter,
aufrecht und mit Zuversicht.
Und wir haben einen Marcel.
Wir haben natürlich mehr als einen Marcel.
Aber einer ist der Ober – Marcel, Marcel Guignard.
Und ich bin froh, ist es nicht ein Ober – Blatter
oder ein Ober – Constantin.
Danke Marcel für dein Engagement für meine Stadt,
für unsere Stadt.
Da ist Aarau, eine Stadt am Fluss
und die hat einen Frieden.
Das ist nicht selbstverständlich,
dem müssen wir Sorge tragen.
Alle müssen wir dem Sorge tragen.
Buben und Mädchen,
Frauen und Männer – alle.
Die Augen offen halten und hinstehen,
wenn sich Gewalt breit macht,
wenn Fäuste und Flaschen fliegen.
Denn Gewalt passt nicht zu Aarau.
Die Augen offen halten und hinstehen,
wenn Menschen ausgegrenzt werden,
weil sie anders sind und anders tun.
Denn Ausgrenzung passt nicht zu Aarau.
Die Augen offen halten und hinstehen –
Mutig, aber nicht übermütig.
Dabei, dabei, hilft die Polizei.
Stadtpolizei,
Kantonspolizei –
danke für euren Dienst am Frieden.

Da ist Aarau, eine lebensfrohe Stadt,
und da bin ich daheim.
Vor allem wegen euch
Kinder und Jugendliche,
vor allem wegen euch.
Ihr seid die Wichtigsten.
Euch wollen wir verstehen.
Wollen verstehen,
was euch beschäftigt und was ihr denkt,
was euch freut und was euch traurig macht,
was ihr träumt und was euch Angst einjagt.
Und wir wollen euch fördern.
Wir wollen eure Fähigkeiten wecken und unterstützen.
Wir brauchen eure Talente,
darum fordern wir euch auch.
Es geht nicht ohne eure Ideen,
die logischen und die komischen,
die lustigen und die ernsten.
Es geht nicht ohne eure Kraft.
Ohne die gibt es keinen Frieden in Aarau.
Danke Kinder und Jugendliche,
dass ihr mithelft.
Ihr seid die Zukunft.
Da ist Aarau, eine Stadt im Mitteland,
die schönste Stadt am Fluss.
Und die hat ein wunderbares Fest,
und an diesem Fest gibt es einen Redner,
und der ist in diesem Jahr ein Walliser,
der auch ein Aarauer ist.
Und der hat noch 5 Wünsche.
Auf die hat er ein Recht – als Festredner.
Und für die 5 Wünsche braucht er eine Hand.
Er habe zwei linke Hände, sagt man.
Das kommt gut – er ist Linkshänder.
Mit dem Daumen wünsche ich uns Zuversicht.
Aarau ist eine gute Stadt, eine schöne Stadt.
Wir haben es heute Morgen wieder gesehen.
Mit guten Leuten, mit schönen Leuten.
Schaut doch einmal links und rechts.
Zuversicht macht schön.
Mit dem Zeigefinger wünsche ich uns eine Walliser Spezialität.
Nein, nicht Fendant und Raclette,
sondern Sturheit und Charme.
Die braucht es,
um die Herausforderungen der Zukunft anzupacken.
Um einzustehen für eine Stadt,
in der alle ihren Platz haben.
Sturheit und Charme.
Der Mittelfinger ist eine heikle Sache.
Er sollte nicht zu oft alleine stehen.
Mit dem Mittelfinger wünsche ich Aarau Humor.
Da können wir noch zulegen.
Hie und da geht es gar majestätisch zu und her.
Majestätisch, gravitätisch, und auch bürokrätisch.
Ein bisschen mehr Leichtigkeit wäre gut,
ein bisschen mehr Dalai Lama und Dimitri.
Ein bisschen mehr lachen –
vor allem über uns selbst.
Mit dem Ringfinger wünsche ich uns einen Segen.
Einen Segen für Aarau.
Einen Segen vor allem für die Kinder und Jugendlichen,
für alle, die sich für unsere Stadt engagieren.
Einen Segen in den Farben des Regenbogens.
Einen Segen voll Frieden.
Einen Segen, der sagt:
Trage dir Sorge.
Tragt einander Sorge.
Da ist Aarau, eine schöne Stadt im Mittelland,
die beste Stadt.
Und da sind vier Wünsche:
Zuversicht, Charme und Sturheit, Humor und einen Segen.
Und da ist noch ein Wunsch
vom Walliser, der auch ein Aarauer ist:
Einen schönen Maienzug,
einen guten Maienzug
wünsche ich uns allen.

Quelle fête! Was für ein Fest!


Thomas Jenelten